Beiträge mit dem Schlagwort: Laos

Weiter auf Umwegen, Abwegen und Volksfesten

image

Ausschweifende, außerplanmäßige Ausflüge in den Dschungel bringen uns oft an die interessantesten Ziele und halten den Reisealltag spannend – mit einem knappen Zeitbudget sind sie aber naturgemäß nicht kompatibel. Unsere chronische Orientierungslosigkeit und der ungeplante Zahnarztbesuch in Chiang Mai haben auch unseren Zeitpolster mittlerweile schwer angeknabbert. Wir sollten also wohl oder übel versuchen uns hin und wieder an unsere geplanten Routen zu halten, zumindest für die nächsten Tage.

Der Rückzug aus dem Grenzgebiet um Wiang Haeng in Richtung Hauptstraße verläuft überraschend reibungslos. Nachdem wir nahe Thaton ein Dorf der Karen-Minderheit besuchen wollen, letztlich aber abgeschreckt vom Basarcharakter des Dorfplatzes und dem beträchtlichen Eintrittsgeld (für den Besuch im Dorf!!) gerne Reißaus nehmen, finden wir stattdessen wieder mal unmittelbar am Straßenrand ein spannendes Fest. Bewohner aus den unterschiedlichsten Minderheitendörfern der Umgebung helfen hier den Mönchen beim Betonieren einer beträchtlichen Buddhafigur. Jeder versucht so gut es geht Hand anzulegen, um ein paar Bonuspunkte für das nächste Leben zu sammeln. In langen Menschenschlangen wird der Beton von Jung und Alt in kleinen Eimern weitergereicht und damit im Kollektiv ein religiöses Monument geschaffen. Weiterlesen

Kategorien: Thailand | Schlagwörter: , , , , , , , | Hinterlasse einen Kommentar

Kambodscha – das läuft ja wie geschmiert

image

Anstellen zur Temperaturkontrolle – 1 Dollar bitte

Wir sind angekommen an der Grenze zu Kambodscha. Bevor wir diese allerdings überschreiten und uns damit ins nächste Abenteuer werfen wollen wir noch zwei Nächte auf einer kleinen Insel im Mekong verbringen. Don Det gehört zu den wohl bekanntesten der „4000 Islands“ und bietet mit seiner Nachbarinsel Don Khon, verbunden durch eine kleine Brücke, genug Raum für die recht zahlreich einströmenden Touristen. Alle sind hier entweder am Weg nach Kambodscha oder kommen unmittelbar von dort. Thema bei sämtlichen Gesprächen ist deswegen der Grenzübergang, der nicht unbedingt für seinen guten Ruf bekannt ist. Wer auf dem Luftweg ins Land kommt bekommt von alledem nichts mit. Auf den kleineren Überlandgrenzen aber lassen sich die Grenzbeamten hier liebend gerne neue „Gebühren“ und Verfahren einfallen – aus diesem Grund scheint der ein oder andere schon hier leicht nervös zu sein.

Vorerst bleiben wir aber erstmal auf der Insel. Ein Überangebot an Bungalows führt zu günstigen Preisen – die einfachsten Hütten direkt am Fluss bekommt man hier schon für 2 Euro pro Nacht nachgeschmissen – die sind dann aber wirklich die Einfachheit in Perfektion. Die Nachbarinsel dagegen ist bekannt für Hotels nach westlichem Standard die im Einzelfall auch schon mal das 100-fache kosten können. Die kleinen Inseln ohne Straßen sind prädestiniert für ausgedehnte Radfahrten und Spatziergänge sowie erholsame Abende in der Hängematte. Mit Ausnahme des Wasserfalls am Mekong, am Wasservolumen gemessen ist er der mächtigste Südostasiens, sucht man nach Sehenswürdigkeiten vergeblich. Die einheimische Bevölkerung ist aber sehr freundlich und zum Teil auch spannend zu beobachten. So hält eine Familie in der Nähe unseres Bungalows eine beträchtliche Riesenschlange vor ihrer Hütte – allerdings ohne Terrarium oder dergleichen. Das etwa vier Meter lange Tier liegt einfach im Rasen, festgebunden an einem Stock, und erschreckt vorbeifahrende Radfahrer. Beim Nachbar daneben sitzt im Garten eine Eule herum, ebenso an ihrem Bestimmungsort festgebunden. Wir verbringen den Rest der Zeit mit Besuchen der wenigen Einheimischen, in einem LKW-Schlauch den Mekong hinuntertreibend oder einfach mit Lesen in unseren Hängematten. Weiterlesen

Kategorien: Kambodscha, Laos | Schlagwörter: , , , , , | 2 Kommentare

Auf 2 Rädern Richtung Konglor

image

Nach unserem Aufenthalt in der Hauptstadt wollen wir nochmal das ländliche Laos erleben – möglichst fernab von Städten und Touristenströmen. Deswegen geht’s im Bus gleich weiter in die Provinzstadt Thakhek weiter südlich am Mekong, wo wir uns für einige Tage ein Motorrad besorgen möchten. Da der einzig ernstzunehmende Verleiher, ein symphatischer junger Deutscher, ausgebucht ist müssen wir uns mit unserem chinesischen Guesthousebesitzer arrangieren. Wir haben aber Glück – vor kurzem hat dieser einige neue japanische Halbautomatikroller angeschafft und wir kommen um die, doch als schwer anfällig verrufenen, chinesischen Modelle herum. Aus zahlreichen Berichten anderer Reisender konnten wir ablesen dass mit diesen Geräten eine Rückkehr völlig ohne Zwischenfälle praktisch einem Lottogewinn gleichen würde.

Da die Stadt mit Ausnahme des schönen Ausblicks auf die thailändische Mekongseite wenig zu bieten hat machen wir uns schon morgens auf den Weg Richtung Osten. In drei Tagen legen wir auf unserer Runde 500 Kilometer zurück – der Großteil der Strecke wurde kürzlich asphaltiert und ist damit gut befahrbar. Lediglich ein 60 Kilometer langer Offroadabschnitt bietet fahrerische Herausforderungen, da der nasse, seifige Schlamm mit den glatten Mopedreifen nur schwer zu befahren ist. So kommen wir auf dieser kurzen Stelle mehrfach schwer ins schlingern, können uns aber letztlich mit einigen Stunden Zeitaufwand über das schlimmste hinweg retten. In der Regensaison sollte man sich für diesen Abschnitt jedenfalls noch immer mit einem vernünftigen fahrbaren Untersatz ausstatten. Weiterlesen

Kategorien: Laos | Schlagwörter: , , , , , | 3 Kommentare

Vientiane – Hauptstadt im Dämmerschlaf

image

Chronischer Verkehrskollaps, Menschenmassen überall und das ganz alltägliche Chaos, das ist unser Bild von südostasiatischen Hauptstädten – Vientiane ist dabei die große Ausnahme. Mit knapp 200.000 Einwohnern ist die laotische Hauptstadt immerhin die größte Stadt des Landes, trotzdem wird jedem Besucher zu allererst die angenehm verschlafene Atmosphäre der Stadt auffallen. Städtische Infrastruktur, in Südostasien generell selten zu finden, fehlt hier praktisch völlig.

Das Zentrum der Stadt, nur durch den Mekong von Thailand getrennt, scheint dominiert vom bescheidenen Tourismus, wenigen Expats aus dem Westen und zahlreichen kürzlich eingeströmten Chinesen. Trotz des Kleinstadtcharakters findet man in Vientiane seit 2008 eine „China-Town“ – oder so ähnlich. Rund 50.000 Chinesen wurden hier angesiedelt, es ist nicht auszuschließen dass sie in einigen Jahren die Mehrheit der Stadtbevölkerung bilden. Schon jetzt findet man unmittelbar am Mekong chinesische Tempel, Pekingoper und einen chinesischen Markt. Weiterlesen

Kategorien: Laos | Schlagwörter: , , , , | Ein Kommentar

Vang Vieng – und was jetzt?

image

Viele Neuankömmlinge sind nach der Ankunft in Vang Vieng erstmal enttäuscht. Wo ist denn die Party hin, wo gibt´s die lustigsten Drogencocktails und warum zum Teufel sind die Mädels hier nicht oben ohne?

Vang Vieng liegt an einem kleinen Fluss inmitten beeindruckender Karstformationen. Hunderte Höhlen machen die spektakulären Hügel zu einem Naturerlebnis. Auch die Wälder der Gegend und umliegende Dörfer bewohnt von den unterschiedlichsten Minderheiten bieten für Naturliebhaber und kulturell Interessierte gleichermaßen Grund genug einige Tage hier zu verbringen. Aus irgendeinem unerfindlichen Grund aber hat sich seit 1999 eine völlig andere Zielgruppe in der verschlafenen Ortschaft eingenistet und im Ort sowie der Bevölkerung ihre Spuren hinterlassen. Weiterlesen

Kategorien: Laos | Schlagwörter: , , , | Ein Kommentar

Luang Prabang – Königsstadt am Mekong

image

Die Geschichte der Kleinstadt Luang Prabang und jene ihres Umfelds war mehr als bewegt und repräsentiert gewissermaßen die Geschichte der gesamten Region vom 13. Jahrhundert bis heute. Von der Gründung des Königreichs Lan Xang (Land der Millionen Elefanten) an war auf der kleinen Halbinsel zwischen dem mächtigen Mekong und seinem Nebenfluss Nam Khan die Hauptstadt beheimatet. Erst im späten 16. Jahrhundert wurde diese aufgrund wiederholter Angriffe der Burmesen nach Vientiane verlegt. Luang Prabang blieb allerdings weiterhin die unumstrittene kulturelle Hauptstadt des Landes – dies gilt ohne Frage bis heute. Die Altstadt ist berühmt für ihre 33 Klöster und Tempel und die gut erhaltene Architektur aus der Zeit des französischen Protektorats – nicht zuletzt deswegen ist die gesamte Stadt seit 1995 als UNESCO Weltkulturerbe eingetragen.

Wir erreichen den Busbahnhof der Stadt am späten Abend aus dem touristisch weniger entwickelten Norden von Laos. Schon beim Tuk-Tuk in die Stadt fällt auf: Hier weiß man den Tourismus schon anders zu nutzen. Die 3 km im klapprigen Tuk-Tuk kosten hier 2 Euro pro Person. Klingt erstmal wenig schauderhaft und den meisten Urlaubern ist der Preis auch völlig egal. Würde der Fahrer aber bei 10 Fahrgästen in wenigen Minuten tatsächlich 20 Euro verdienen könnten wir anstatt im umgebauten Toyota-Kastenwagen ja durchaus mit einem Mercedes rechnen – es bedarf also keines genialen Kopfrechners um zu erahnen dass hier so mancher KIP auf Abwegen wandelt. Das durchschnittliche Pro-Kopf-Einkommen in Laos beträgt in etwa 2 Euro. Da sich die Verluste aber auch für uns eher im , in Laos übrigens überflüssigen, Kleingeldfach abspielen wollen wir uns darüber nicht weiter aufregen. Weiterlesen

Kategorien: Laos | Schlagwörter: , , , , | 2 Kommentare

Laos – Ab in den Dschungel

image

Die meisten Staaten versuchen durch Investitionen in Grenzregionen einen guten ersten Eindruck bei ausländischen Besuchern sowie dem Nachbarland zu hinterlassen. Beim Grenzübertritt nach Laos kann davon keine Rede sein. Während auf der chinesischen Seite die grenznahen Regionen durch Infrastrukturmaßnahmen und eine Sonderwirtschaftszone aufgehübscht wurden erwartet einen in Laos schon unmittelbar nach der Grenze die laotische Realität. Siedlungen aus Bretterverschlägen und schlechter werdende Straßen lassen es kaum übersehen – wir befinden uns in einem der ärmsten Länder Asiens. Außerdem wird man schon bei den Einreiseformalitäten mit der Arbeitsmentalität der laotischen Behörden konfrontiert.

Bevor wir uns allerdings mit der wirtschaftlichen und politischen Situation des Landes beschäftigen wollen wir uns erstmal einige Tage in den unberührten Dschungel des laotischen Nordens begeben. In der unmittelbaren Grenzregion haben längst, wie auch auf der chinesischen Seite, Kautschukplantagen einen erheblichen Teil der Regenwälder ersetzt. Bald aber findet man, insbesondere in den unterschiedlichen Nationalparks, unberührte Wälder als Lebensraum unzähliger Tier- und Pflanzenarten, nicht zuletzt aber auch für unterschiedlichste kleine Stämme, für die die Zeit stehengeblieben zu sein scheint. Die meisten von ihnen gehören zu unterschiedlichen Thai-Stämmen oder zu den kambodschanischen Khmer.

Am ersten Tag versuchen wir auf Mountainbikes die Wege durch den Nationalpark zu erkunden. Auch unmittelbar an den Straßen findet man hübsche Dörfer, wenngleich diese naturgemäß nicht völlig unberührt von der modernen Welt bleiben. In jedem Dorf der Region werden europäischen Entwicklungshilfsmaßnahmen sichtbar, insbesondere Brunnen vom deutschen BMZ. Schnell sehen wir ein das ein Vordringen in den dichten Dschungel auf eigene Faust für uns erstmal nicht empfehlenswert sein dürfte – wir verirren uns ja sogar in so manchem Einkaufszentrum. Die zum Teil erkennbaren Wege zwischen den Dörfern sind nur schwer zu finden und müssen nicht selten mit der Machete freigeschnitten werden.

So schließen wir uns für die nächsten drei Tage einer kleinen Trekkinggruppe an – ein französisches Pärchen, ein Australier und zwei Guides begleiten uns also in den Dschungel. Am ersten Tag kommen zusätzlich zwei Frauen aus einem Dorf am Rande des Nationalparks mit um unser Essen zu tragen. Das ist zwar einerseits sehr komfortabel, andererseits wird uns damit auch die letzte Illusion von besonderer Sportlichkeit genommen. Eine der beiden Damen dürfte nämlich rund 60 Jahre alt sein. Sie läuft mit ihren Vollgummischuhen und unserem Essen am Kopf schon mal voraus um das Essen vorzubereiten – wir folgen mit bestem Trekkingmaterial und bescheidener Beladung. Was soll’s.

Auch wenn wir nur 5 bis 6 Stunden täglich marschieren – die enorme Luftfeuchtigkeit, Hitze und immer wieder Regen machen es trotzdem durchaus anstrengend. Die erste Nacht verbringen wir in einem Bambusverschlag mitten im Dschungel. Die vollkommene Abwesenheit jeglicher menschengemachter Geräuschkulisse macht den Abend zu einem besonderen Erlebnis. Überrascht sind wir von der Verpflegung unterwegs. Dreimal täglich wird für uns ausgezeichnet aufgekocht – das sind wir von unseren Touren auf eigene Faust kaum gewohnt. Wir hatten eigentlich damit gerechnet dass wir wie üblich erst nach der Rückkehr wieder vernünftig verpflegt würden. Mit Ausnahme der Getränkeauswahl gibt es allerdings kulinarisch nichts zu bemängeln. Abgekochtes Tümpelwasser mit Chlortabletten und Phantasie anregender Färbung ist leider das beste was man hier kriegen kann.

Auch wenn es in den weiten Wäldern verstreut noch wilde Elefanten und Tiger gibt – zu Gesicht bekommen tut man diese natürlich im Regelfall nicht. So war der prägendste Teil der örtlichen Fauna für uns der laotische Blutegel. Unmengen davon arbeiten sich bei der Wanderung durch Matsch und Gewässer unsere Beine hoch und sorgen für Blutflecken auf Hosen und Socken. Wenngleich sich also ein Großteil der faszinierenden Tierwelt vor uns verborgen hält – allein die Wanderung durch dicht verwachsene Wälder voller Bambus und alter Baumriesen beeindruckt doch sehr.

Auch die rustikale Art der Essenszubereitung durch unsere Begleiter war hochinteressant. Zudem gab’s viele Zutaten unmittelbar aus den Wäldern wie die unterschiedlichsten Teile des Bambus, verschiedene Kräuter sowie Nüsse und Bohnen. Die zweite Nacht verbringen wir in einem Dorf inmitten des Dschungels – eine Tageswanderung entfernt von der nächsten Straße. Hier ist das Leben wirklich sehr einfach geblieben – mit Ausnahme von Reis, einigen Frucht- und Gemüsesorten sowie Hühnern, Kühen und Schweinen gibt es hier nicht viel. Vor unserem eigentlichen Abendessen scheuchen wir gemeinsam mit den Kindern des Dorfes Grashüpfer und anderes krabbelndes und fliegendes Getier aus ihren Erdlöchern. Sie werden gefangen und bei lebendigem Leibe als Snack verspeist. Danach suchen wir uns ein Hühnchen aus (natürlich nicht aus der Kühlvitrine sondern etwas frischer) und verbringen noch einen netten letzten Abend im Dorf.

Am nächsten Morgen besuchen wir die örtliche Schule. Ein offener Bau aus Bambus beinhaltet zwei Klassen, in denen mit einfachsten Mitteln die regionale Sprache, Mathematik und natürlich täglich die laotische Nationalhymne geübt wird. Bis vor kurzem war das keine Selbstverständlichkeit. Mehr als die Hälfte der Dorfbewohner hat nie eine Schule besucht.

Dieser Ausflug war für uns der erste Kontakt mit dem tropischen Regenwald – sicher aber nicht der letzte.

Kategorien: Laos | Schlagwörter: , , , , , | Hinterlasse einen Kommentar

2 Monate in China – was bleibt…

DSC_0086 - Copy (2)

Bei einer Reise nach China ist die Vorfreude gleich doppelt groß – man freut sich  darauf endlich im Reich der Mitte zu sein und freut sich später, zumindest ebenso intensiv, darauf den Ausflug in die Welt der Chinesen überstanden zu haben. Die gigantischen Ausmaße des Landes und die erdrückende Masse an Menschen macht es praktisch unmöglich das ganze Land mit einer einzigen Reise abzudecken. Wir haben China 2 Monate unserer Reisezeit gewidmet und auf chinesischen Straße, Schienen und Flüssen insgesamt nahezu 10.000 Kilometer zurückgelegt. Dazu kamen noch 3 Wochen auf Taiwan, die einen wichtigen Beitrag zum Verständnis der chinesischen Kultur geleistet haben. Trotz der relativ langen Aufenthaltsdauer mussten wir leider den fernen Westen des Landes auslassen. Insbesondere die Seidenstrasse um Ürümqui und Kashgar hätte uns interessiert, aber auch die gesamte Provinz Tibet bleibt für die nächste Reise offen. Um China in seiner Gesamtheit bereisen und einigermaßen begreifen zu können müsste man wohl zumindest ein halbes Jahr investieren.

Insgesamt haben wir auf unserer (zweigeteilten) Reise durchs Land etwa 25 Städte bereist, darunter 8 der 10 derzeit größten des Landes – jede von ihnen übertrifft mittlerweile für sich genommen die Einwohnerzahl Österreichs. Wir haben mehr als die Hälfte der chinesischen Provinzen durchreist und, da wir auf Flüge verzichtet haben, insbesondere auf den zahlreichen Busfahrten die Schönheit und Vielfalt der chinesischen Natur erfahren. Auch wenn das individuelle Reisen in China sicherlich antrengender ist als in so manch anderem Land – wir möchten keine unserer Erfahrungen missen.

Interessant an einer Reise nach China ist nicht zuletzt die Chance, nach einigen Jahren zurückzukehren und die Veränderungen mit eigenen Augen zu sehen. Vieles kann man heute vorhersagen – die weitere Entwicklung der chinesischen Wirtschaft und Politik zu prophezeien ist aber ähnlich schwierig wie die Vorhersage der Lottozahlen – oder gar des zukünftigen Weltklimas (und die Wirtschafts- und Sozialwissenschafter scheinen glücklicherweise nicht ganz so „selbstbewusst“ und medienaffin zu sein wie sogenannte Klimaforscher). Wie beim Klima scheint es auch hinsichtlich der Entwicklung Chinas eine klare Mainstream-Meinung zu geben, die in etwa aussagt: China wird uns alle überrollen. Wir sind da etwas anderer Meinung.

In so vielerlei Hinsicht scheint uns der wachsende Wohlstand Chinas fragil zu sein. Er beruht im wesentlichen auf der fortbestehenden Ausbeutung der einfachen Arbeitskräfte sowie auf einer „ausgezeichneten Zusammenarbeit“ zwischen hunderten westlichen Unternehmen und der chinesischen Regierung. Diese Zusammenarbeit freilich sollte man ehrlicherweise als Korruption der einen bzw. Nötigung der anderen Seite titulieren. Sogenannte Joint-Ventures sind in China nichts anderes als der erzwungene Technologietransfer und die vollkommene Unterwerfung westlicher Unternehmen unter die chinesische Führung mit einem einzigen Ziel – weiterhin am derzeit wichtigsten Markt der Welt agieren zu dürfen und dabei möglichst noch den ein oder anderen Konkurrenten aus dem Weg zu räumen.

Insgesamt hat sich die wirtschaftliche Lage der Chinesen in beträchtlichem Ausmaß verbessert – unserem Eindruck nach trifft das aber nur bedingt auf die Lebensqualität der Menschen zu. Man steht permanent unter Stress und der zwischenmenschliche Umgang miteinander ist mehr als rauh. In keinem Land haben wir bisher eine ähnlich aggressive Stimmung unter den Menschen vorgefunden – sozialen Zusammenhalt, insbesondere in den Städten, scheint es nicht zu geben. Besonders in Erinnerung geblieben ist uns ein Motorradunfall in Leshan. Eine junge Frau liegt mit blutiger Kopfverletzung (Helme gibt’s in China nicht) verletzt auf der Straße – rundherum im Abstand von einem halben Meter knapp 20 Personen. Keiner der Anwesenden hat sich auch nur zur Verletzten hingekniet – sie alle aber sind stehengeblieben um sie anzustarren und kein Detail zu verpassen.

Obwohl wir darauf von zahlreichen gleichlautenden Berichten anderer Reisender durchaus vorbereitet waren – wir waren letztlich doch überrascht von der oft völligen Abwesenheit jeglicher Empathie. Woher aber kommt diese Rücksichtslosigkeit und der scheinbar grenzenlose Egoismus plötzlich – scheint doch beides von der chinesischen Kultur vergangener Epochen so unfassbar weit entfernt zu sein. Unser Besuch in Taiwan hat ja klar gezeigt wie chinesische Kultur auch aussehen kann – was aber ist in Festland-China so derart anders gelaufen? Denn Arbeitsbelastung und Druck sind in Taiwan bestimmt nicht geringer, auch dort sind 6 Wochentage zu 12 Arbeitsstunden nichts ungewöhnliches.

Ein Teil der Entwicklung lässt sich möglicherweise auf die Kulturrevolution zurückführen. Immerhin konnte zu dieser Zeit schon die Kenntniss einer Fremdsprache oder auch nur ein besonders gepflegtes Äusseres als Zeichen der Zugehörigkeit zur bürgerlichen Schicht gewertet und damit zum Todesurteil werden. Ein bäuerlicher bis proletarischer Habitus wurde damit schlichtweg zur Staatsräson. Es ist deswegen für uns nicht auszuschließen, dass ein gewisser Teil dieser „Umschulungsmaßnahmen“ bis heute ihre Wirkung zeigt. Völlig unerklärlich für uns ist jedenfalls, warum gerade jener Verbrecher, dessen Ideologie zigmillionen Menschen das Leben gekostet und die chinesische Kultur am Festland nahezu ausgelöscht hat, noch heute vor den Toren der Verbotenen Stadt hängen kann. Ein nicht unermesslicher Anteil der chinesischen Bevölkerung sieht das freilich bis heute völlig anders.

Die chinesische Politik und ein Teil der Bevölkerung sprechen weiterhin von einer Politik des „Sozialismus chinesischer Prägung“. Das die aktuelle chinesische Politik allerdings mit Sozialismus und Kommunismus kaum etwas gemein hat muss man dem westlichen Beobachter nicht erklären. Die bedingungslos auf Wachstum ausgerichtete Wirtschaftspolitik in Kombination mit einer uneingeschränkten Steuerungs- und Kontrollwut des Staatsapparats entsprechen unserem Verständnis nach eher dem Modell des Faschismus. Auch ein Blick ins chinesische Staatsfernsehen CCTV (mit insgesamt 45 Sendern) stärkt diese Ansicht – jede Nachrichtensendung wird zur reinen Propaganaveranstaltung. Da werden heimische Universitäten, die chinesische Politik und natürlich hin und wieder der ein oder andere Arbeiter in höchsten Tönen gelobt. Danach kommen Berichte über die Krise in Europa und Schwierigkeiten in den USA. Auch wenn man kein Wort versteht – die Mitteilung ist unmissverständlich. Es wird spannend zu beobachten, ob die Partei es schafft, die schrittweise Öffnungs- und Lockerungspolitik (die derzeit z.T. erkennbar ist) ohne ernstzunehmenden Kontrollverlust durchzusetzen.

Obwohl das alltägliche Reisen mit den Chinesen oft nicht einfach war und wir uns auch mittels diesen Mediums des öfteren darüber ausgelassen haben – die Zeit in China war eine tolle Erfahrung. Wir können nur jedem empfehlen sich selbst die Zeit zu nehmen und diesem faszinierende Land selbt einen Schritt näher zu kommen – man wird danach jede Zeitungsmeldung und jedes Made in China Label mit persönlichen Erfahrungen verbinden können. Für uns bleiben einige Fragen offen und noch mehr Orte unbesucht – ein erneuter Anlauf auf das Reich der Mitte zu einem späteren Zeitpunkt ist damit nicht unwahrscheinlich. Jetzt geht´s aber erstmal weiter in die „Lao People`s Democratic Republic“.

Kategorien: China | Schlagwörter: , , | 4 Kommentare

Bloggen auf WordPress.com.