Uluru und sein eisiger Schatten

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Es geht nun Schlag auf Schlag Richtung Süden und das heißt, in dieser verkehrten Welt, dass es von Kilometer zu Kilometer kälter wird. Unser Abstecher nach Indonesien hat unseren Zeitplan ein wenig nach hinten verschoben und damit unseren Besuch der Südostküste tief in den australischen Winter gedrängt. Bis dorthin liegt aber noch einiges vor uns und glücklicherweise haben wir uns in den heißen Quellen Matarankas vorab noch ein wenig aufgewärmt. Der glasklare, knapp 30 Grad warme, Fluss inmitten tropisch wirkender Wälder bietet sogar eine letzte etwas ungewöhnliche Möglichkeit zum Schnorcheln für uns, und siehe da – eine Wasserschildkröte und ihr Nachwuchs machen den Besuch im wärmenden Nass gleich noch ein wenig spezieller.

 

Die Etappen entlang des Stuart Highways werden zunehmend länger, denn besonders viele Sehenswürdigkeiten sind am Weg ins “Red Center” nicht mehr zu finden. Die Devil´s Marbels, skurril in der Landschaft stehende, meist kugelrunde, Granitformationen, stellen da eine willkommene Abwechslung zum sonst eintönigen und zu dieser Saison auch nicht besonders spektakulären Outback dar. Ansonsten fällt uns am langen Weg nach Alice Springs nur noch Wycliffe Well auf, das sich selbst als UFO Capital Australiens bezeichnet, tatsächlich aber nicht viel mehr als ein Roadhouse mit angehängtem Caravanpark darstellt. Mangels anderer Höhepunkte erreichen wir also bereits nach 2 Tagen Fahrt die einzige Stadt im Zentrum des Kontinents, Alice Springs.

 

Viel gibt es auch dort nicht zu sehen, für die meisten ist es wohl eher ein letzter Stop zum Auffüllen von Sprit und anderen Reserven, bevor es ins tiefere Outback weitergeht. Viele kommen von der Ostküste hierher geflogen, einzig um in den nächsten Bus zu steigen und die 400 Kilometer Richtung Ayers Rock / Uluru in Angriff zu nehmen. Auch für uns heißt es nochmal billig auftanken (im Outback kann der Sprit schon mal 2,50 Dollar kosten), Lebensmittelreserven aufstocken und bei Kmart endlich eine dicke Winterdecke besorgen. Die letzte Nacht war mit 2 Grad Außentemperatur in unseren dünnen Schlafsäcken schon eher grenzwertig. Warm eingehüllt und gut genährt machen wir uns also auf zum bekanntesten Stein Australiens. Auf eine längere Outbackrunde über Offroadstraßen verzichten wir nach einigem hin und her. Langsam aber sicher können wir den Nationalparks, Wasserfällen und Schluchten immer weniger abgewinnen – vieles wiederholt sich eben. Außerdem werden wir jetzt, wo es schon langsam auf das Ende unseres Roadtrips zugeht, auch hinsichtlich unseres Autos konservativer. Ein Schaden auf einer der nicht enden wollenden Schotterpisten im Nirgendwo kostet doch einiges an Zeit, Nerven und nicht zuletzt auch jede Menge Dollars.

 

Der Weg zum Uluru dagegen ist selbstverständlich wunderbar gepflegt und durchgehend asphaltiert, stellt er doch eine der wichtigsten Touristenrouten des Landes dar. Im Nationalpark angekommen sind wir eigentlich erstmal positiv überrascht – wir haben mit dem Schlimmsten gerechnet. Wie im Kakadu wird man auch hier um 25 Dollar Eintrittsgebühr erleichtert, ansonsten aber hat man nur zu wenigen Zeitpunkten den Eindruck vom Massentourismus überrannt zu werden. Wenige Kilometer außerhalb des Parks finden wir überraschenderweise sogar einen völlig legalen, kostenlosen Platz zum Campen mit Blick auf das Objekt der Begierde. Um die Ressortstadt Yulara, wo die Mehrzahl der Besucher untergebracht ist, machen wir präventiv einen großen Bogen. Ansonsten bekommt man die Anzahl an Besuchergruppen primär bei Sonnenaufgang und Sonnenuntergang bei den jeweiligen offiziellen Aussichtspunkten mit. Auch wenn der Busparkplatz in der aktuellen Nebensaison nur zu maximal einem Drittel gefüllt ist kann man sich vorstellen was hier zur Spitzenzeit abläuft.

 

Der Park bietet neben dem Uluru noch die knapp 50 Kilometer entfernte Steinformation Kata Tjuta, auch “The Olgas” genannt, und ein Kulturzentrum mit Informationen zu den eigentlichen Besitzern des Landes. Die Wanderwege rund um die beiden berühmten Steinformationen sind schön und die dazugehörigen Geschichten und Details zum Leben der indigenen Bevölkerung der Gegend durchaus unterhaltsam. Die gesundheitlichen Risiken, vor denen hier allerorts gewarnt wird, muss man zur aktuellen Jahreszeit nicht fürchten. Wo noch im Januar Spitzenwerte von über 50 Grad Celsius das Wandern zum Extremsport gemacht haben sind die nachmittäglichen 15 Grad nun geradezu prädestiniert für ausgedehnte Wanderungen.

 

Ein dicker Wermutstropfen bleibt aber beim Besuch des Nationalparks. Der verlogene Umgang der australischen Regierung mit der indigenen Bevölkerung und die Ignoranz der Besucher aus dem In- und Ausland hinsichtlich dieser Thematik schockiert uns hier nicht zum Ersten mal auf unserer Reise durchs Land. Jedem Besucher ist bekannt, dass das Besteigen des Uluru nach den Regeln der Aborigines verboten ist und zumindest als grobe Respektlosigkeit gegenüber ihrer Kultur ausgelegt werden muss. Obwohl aber im Nationalpark an jeder erdenklichen Stelle darum gebeten wird den Berg nicht zu besteigen stellt man vonseiten der Nationalparkführung (die wie fast überall in Australien offiziell mehrheitlich von Aboroginals besetzt ist) sogar Hilfen und Sicherungen für den sicheren Aufstieg zur Verfügung. Würde man die Wünsche der Aborogines, der Besitzer des Parks, nur einigermaßen wertschätzen wäre das Besteigen des Berges für alle gleichermaßen verboten.

 

Wir wussten schon vorher, dass das Erklettern des Berges nach wie vor möglich ist, hatten aber nicht damit gerechnet dass ein so unglaublich hoher Anteil der Besucher scheinbar nicht das geringste Interesse am Willen und an den Regeln der ursprünglichen Bewohner dieser Region haben. Wer hierher kommt sollte dies primär aus Interesse an dieser (beinahe verloren gegangenen) Kultur tun. Auch wenn man für den Glauben und die Geschichten der Aborigines nur ein mildes Lächeln übrig hat kann man als Besucher die fremde Kultur nicht derart mit Füßen treten. Für viele scheint aber der Anspruch, den bekanntesten “Berg” Australiens einmal bestiegen zu haben, wichtiger zu sein als dieser Respekt. So viel Gedankenlosigkeit und Egozentrik kann wohl nur mit einem (an dieser Stelle selbstverständlich völlig deplatzierten und fragwürdig interpretierten) Bibelzitat beschrieben werden: “Selig die armen im Geiste”.

 

All die Respektsbekundungen und Würdigungen der Australier für “ihre” indigenen Kulturen wirken in diesem Lichte wie reiner Hohn.

 

Schade, dass im reichen Australien der Fluss der Touristenströme weiterhin mehr zählt als die überfällige Bewältigung der eigenen Vergangenheit.

 

Schade, dass genau jene, die die praktische Ausrottung der Kultur der Aborigines zu verantworten haben, bis heute nur so eingeschränkt zu ihrer Schuld stehen.

 

Schade, dass man einen so schönen Ort mit so unschönen Erinnerungen hinter sich lassen muss.

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Ein Gedanke zu „Uluru und sein eisiger Schatten

  1. Tommy Krebs

    ..und was ich nicht verstehe ist, wie man als Tourist überhaupt den langen Weg auf sich nehmen kann um sich den recht uninteressanten Brocken anzuschauen. Nach spätestens 2 min würde ich wohl sagen: „… können wir jetzt weiterfahren?“ Wenn er eh auf dem Weg an der Straße liegen würde, ok. Aber doch nicht wenn man stundenlang mit dem Reisebus durchs Outback kurven muss um dann beim Sonnenuntergang bei einem Glas Sekt X Fotos zu machen. Boooooring! Und kostest dann noch richtig Kohle. Überflüssiger Sch****.

... wenn ihr was dazu loswerden wollt ...

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